Im Kleinbus von London nach Berlin. Vermutlich im Auftrag Ihrer Majestät.
Denn: Breton bleibt britisch. Auch wenn die fünf Jungs aus London den weiten Weg auf sich nahmen, um im alten Funkhaus des DDR-Rundfunks in Berlin das zweite Album aufzunehmen. Schließlich geschah das notgedrungen, denn das alte Studio, die Breton Labs im Londoner Süden, fiel der Abrissbirne zum Opfer. Möglicherweise war es lediglich der logische Schritt, nachdem das Cover des Erstlings „Other people's problems" bereits Ostberliner Plattenbauten zierten.
So war es vielleicht die neue Umgebung, die dazu führte, dass sich „War room stories" recht deutlich vom Vorgänger unterscheidet. Nicht mehr so bretthart wie „Other people's problems", songorientierter und manchmal fast mit Popflair wie beim Opener „Envy", das mit dem MPC eigentlich uncoole Steeldrums substituiert und so in genialer Weise an Schrottpop der 80er erinnert. „Envy" deutet an, dass hier eine Band auf dem Sprung ist, weil „Envy" sich zwar dem Massengeschmack annähert, aber dennoch ebenso das Unkategorisierbare von Bretons Musik repräsentiert.
Insofern ist es der perfekte Opener für „War room stories". Das Album bewegt sich sich nämlich erneut im nach allen Seiten offenen Bereich von Elektronik und Indie-Rock, hat aber genauso Momente einer gewissen Heimeligkeit. Manchmal klingt Breton fast wie eine schnöde Britpopband („Closed category"), doch wenn es zu gefühlig wird, grätschen Brachialakkorde dazwischen. „War room stories" hält daher immer eine Mischung aus industriellen Beats und Soulgefühl bereit, was beispielsweise bei „Brothers" sehr schön zu hören ist. Elektronisches Flimmern, ein R'n'B-Chor, eisenharte Elektronik, episch-filmmusikalische Streicher und besoffene Beats wie bei „Get well soon" stehen auf dem zweiten Album wie selbstverständlich nebeneinander.
Der in Nagellack ertränkte Schmetterling des Albumcovers mag daher ein perfektes Sinnbild sein für den Mix aus leichtem Flügelschlag und Soundtrommelfeuer, das „War room stories" prägt. Dieses super interessante Album wird Breton reichlich neue Fans bescheren. Die wenigen altgedienten, eventuell enttäuschten Liebhaber der Band werden in einen Kleinbus passen.
Erscheinung: 2014 (07.02.)
Label: Cut Tooth / Believe Recordings
www.bretonlabs.com