Du kommst in die Hotelbar mit dieser leichten Afterwork- und Wirtschaftskrisendepression, die laut nach Alkohol schreit. Am Klavier sitzt ein gut gekleideter Mann, daneben steht vielleicht auch ein blauäugiger Till, der in seine gestopfte Trompete haucht. Dann erst erkennst du diese blendende Blondine, und bevor sie überhaupt den Mund aufmacht, sinkst du bereits in Ohnmacht.
Die Blonde ist Inlove, ein Ex-Model, doch beim Studium der Promofotos wird deutlich, dass sie freiwillig zurückgetreten sein muss. Die porzellanene Schönheit ist tatsächlich in Nigeria groß geworden, auch wenn es anmutet, sie sei, wie viele ihrer Ex-Kolleginnen, in Biafra aufgewachsen. Doch das sind Äußerlichkeiten und schließlich soll man ein Buch nicht nach dem Einband bewerten.
Lassen wir sie also singen. Schön singt sie ihre "Stories". Engelsgleich. Zu einer Musik, für die der Franzose DJ Cam überwiegend verantwortlich zeichnet. Eine flüssige und entspannte Soul-Jazz-Melange, gerundet und ohne Überraschungen. Dass sich aufgrund ihrer Herkunft angeblich jede Menge Reggae, Soul, Funk und afrikanische Rhythmen in Inloves kreativen Geist eingebrannt haben, ist kaum zu bemerken. Lediglich "Talk to me" verlässt das Schema, wird zu einem interessanten Electro-Popsong und einem Höhepunkt des Albums. Allerdings passen die eher geschmeidigen Sounds perfekt zu Inloves Stimme. Denn es ist doch eher ein Stimmchen, das gegen knackige Beats wenig Chancen hätte. Wenn dieses dann noch historische Textzeilen wie Get up stand up / fight for your rights ("Fight") anstimmt, stellt sich die Frage: Ist das wirklich ernst gemeint? Inlove scheint von ihren Vorbildern Ella Fitzgerald, Jill Scott, Sade, Dusty Springfield und Kelis meilenweit entfernt zu sein.
"Stories" ist Magerquark mit wenigen Dillspitzen. Doch um wirklich zu wuchern, müssen Musik und Künstlerin noch einige Pfunde zulegen. Das Album wird natürlich Hörer finden. Das ist auch richtig, denn für einen gelümmelten Abend auf der Couch ist die Platte bestens geeignet. Der Versuch der Promoter, "For Minnie Riperton" als eine der heißesten Soul-Nummern seit den 70er Jahren zu preisen, ist allerdings nur ein nur ein nettes Kompliment für eine schöne Frau.
Erscheinung: 2009 (05.06.)
Label: Inflamable
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www.myspace.com/inlovethereal