I'm a bitch, I'm a lover
I'm a child, I'm a mother
I'm a sinner, I'm a saint
Zugegeben, damit bewegt man sich im falschen Genre wenn's um die Elektropop-Formation Grossstadtgeflüster geht, aber diese Zeilen der Rockröhre Meredith Brooks beschreiben perfekt, was Sängerin Jen Bender bei „Bis Einer Heult!!!" stimmlich aufs Tapet bringt. Die drei S im Bandnamen stehen hier für: sexy, subversiv und schnodderig.
Benders packende, unverwechselbare Stimme changiert auf den elektronischen Chansons, NDW-Revival-Tracks und Elektropunk-Songs von kindlich-trotzig („Du meckerst immer") über dunkel rauchig („Kümmer dich") und aufreizend-sexy („Pimmel und Hölle") bis zu herausfordernd-frech („Lebenslauf") oder verfällt in einen schmuddeligen Ghetto-Slang („Haufenweise Scheiße").
Mit „Bis Einer Heult!!!" gelingt der Band ein subversiver Angriff auf die Gehörorgane mit mehr als einer Prise Humor, der mit unerwarteten Brüchen die Erwartungshaltung des Zuhörers ad absurdum führt und sich bei unseren verklemmten transatlantischen Freunden ohne Zweifel den in Teenagerkreisen einem Ritterorden gleichkommenden Parental Advisory-Sticker einhandeln würde.
Die Texte warten mit intelligenten Wortspielen und offener Gesellschaftskritik auf und finden immer ihren musikalischen Gegenpart in den perfekt sitzenden melodiösen Outfits. So unterstreichen die Dancefloorbeats bei „Los Dicker tanz" die Persiflage einer konsumorientierten Gesellschaft, die Grundlage dieses Tracks ist. Anders der Meditationskurs „Die Stille", der zwar als solcher beginnt, sich dann aber in ein auditives Horrorszenario entwickelt und in einem Noisemassaker endet, das gegensätzlicher zum Titel nicht sein könnte.
Doch ab der Hälfte der 16 - in guter alter Punkmanier kaum je über drei Minuten dauernden - Songs umfassenden Tracklist beginnt sich das vorher Innovative und Spritzig-freche abzunutzen und Langeweile macht sich breit. Auch wenn die unter allen Songs aufgeführte „Gesamtlänge" von 2:3119 den Anschein von Kurzweiligkeit erwecken will, hält sie dieses Versprechen leider nicht.
Das letzte Lied „Lass deine Blätter fallen" reißt - wenn man es bis dahin durchgehalten hat - Regt den Gehörmuskel dann aber erneut an. Die melancholische Klangwelt weckt gleichsam die Ahnung, dass auf das Ende immer ein neuer Anfang folgt und man ja auf repeat drücken kann (die Scheibe dann aber nur bis zur Hälfte laufen lassen sollte).
Erscheinung: 30.05.2008
Label: Chicken Soup Records
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