Am beeindruckendsten an Röyksopp ist - neben der Gastsängerliste - deren klangliche Wucht. Auch “Junior” ist wieder auf Hochglanz polierter Elektropop, der so fett und klar klingt, dass man meinen könnte, die Elektropopkonkurrenz nimmt noch auf Ferro-Audio-Kassetten auf. Unangenehmer Nebeneffekt dieses klanglichen Bombasts ist jedoch, dass Röyksopp nie poppiger oder auch “kommerzieller” als auf “Junior” klangen.
Röyksopp beschreiben die Entstehung ihres neuen Albums mit “Arbeiten in einem Bergwerk und Alchemie minus schwarzer Magie“. Dann haben sie aber gleich mit dem Opener (und der ersten Single) “Happy up there” einen strahlenden Kristall ans Tageslicht gebracht, der sich einem mit seinem fast schon einschüchternden Überschwang einbrennt und damit eine vergleichbare verführerische Wirkung hat wie Heaven 17s „Play To Win". Weil Röyksopp selber stumm bleiben, arbeiten sie auch bei “Junior” wieder mit einer Reihe von Gastsängerinnen zusammen, die sich wie ein skandinavisches “Pop-/Elektro-Prinzessinnen”-Best-of liest: Anneli Drekker (Bel Canto), Karin Dreijer Andersson (The Knife), Lykke Li und Robyn. Letztere singt die melodramatische Elektronummer “The Girl And The Robot”, die in den Clubs sicherlich zünden wird. Warum Robyn auch in Indie-Kreisen zur neuen Popikone stilisiert wird, bleibt mir ein Rätsel, klingt doch ihre Stimme wie Madonna und Kylie Minouge zugleich - bewundernswert ist das nicht. Größer ist da bei mir die Freude Anneli Drecker wiederzuhören, mit der mich eine schöne musikalische Affäre zu seligen Bel Canto-Zeiten in den frühen 90ern verbindet (Stichwort: “Shimmering, Warm & Bright”). Schon damals hob sie sich von anderen Heavenly Voices-Sängerinnen durch den “Soul” in ihrer glasklaren aber warmen Stimme ab. Hier singt sie die Digital-Funk-Nummer “Vision One” und das tanzbare “True to Life“. Aber am schönsten ist jedoch “You don´t have a clue”, ein rührender Elektropopsong und rührend waren Songs wie “Unicorn” oder “Waking Will” damals auch.
Unbedingt erwähnt werden muss auch “Tricky Tricky”, zum einen weil es die wohl beste Elektronummer des Albums ist, aber auch weil der fragile, auch mal neben der Spur klingende Gesang von Karin Dreijer Andersson so hervorragend zu Röyksopps-Soundscapes passt. Dagegen gänzlich misslungen ist “Röyksopp Forever”: Ihre eigene Hymne ist kitschig und anmaßend zugleich. Aber scheinbar sind Röyksopp ihrer Schwäche für pompöse Vangelis-Keyboards mit riesigen Streicherflächen erlegen. Zum Glück ist dies der einzige richtige Ausreißer nach unten und so bietet “Junior” eine melancholisch-euphorische Version von elektronischem Pop - durchaus kommerziell aber mit meist unverschämt gut gelungene Melodien.
Erscheinung: 2009
Label: Wall of Sound/ EMI
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www.royksopp.com