Die Chicago Tribune schrieb: "Wenn es in dieser Welt eine Gerechtigkeit gibt, dann wird [Dobet Gnahoré] eines Tages sehr, sehr berühmt werden." Damit ist bestimmt dieser wünschenswerte Automatismus gemeint, dass Talent, Hingabe und harte Arbeit irgendwann zu Berühmtheit und Wohlstand führen. Auch wenn es angesichts unzähliger Talentshows so scheint, dass diese Art Gerechtigkeit gerade im Musikbusiness wenig verbreitet ist. Die Voraussetzungen für solch eine fair gehandelte Bio-Karriere erfüllt Dobet zumindest.
Das dritte Album der 24-jährigen Ivorerin ist ein kleines Meisterwerk. Das wird bereits nach den ersten Songs von "Djekpa la you" deutlich. Deshalb ist es gerechtfertigt, mit dieser Feststellung zu beginnen, auch wenn damit die Luft raus ist aus diesem Text.
Natürlich erinnert Dobets Musik zunächst an große afrikanische Stimmen wie Angélique Kidjo und Oumou Sangaré. Der Eindruck wird aber schon bald oberflächlich und verblasst mit zunehmender Dauer des Albums. Nach Abschlusstrack 13 weiß man, dass Dobet Gnahoré eben Dobet Gnahoré ist. Die junge Dame hat ein Händchen dafür, traditionelle Klänge mit westlicher Komsummucke zum Gewinn für beide zu kombinieren. Maßgeblichen Anteil daran hat vermutlich der französische Gitarrist Colin Laroche de Féline. Manches Mal lässt er sein Instrument klingen wie das Zitat einer Kora (höre: "Nfletoun"), der Kürbis-Kalebasse, der Franz Beckenbauer unter den afrikanischen Instrumenten. Damit stellt Dobet die Beziehung zu den alten, westafrikanischen Barden und Geschichtenerzählern, den Griots, einerseits her. Andererseits leitet dieser Ersatz über zu westlichen Hörgewohnheiten. Ein wenig Exotik wird also auf dem Altar des Pop geopfert, woraus als Resultat ein ungezwungener, mit Sicherheit nicht ungewollter, aber so erscheinender Pop-Appeal entsteht. Diese äußerst smarte Kombi aus Tradition und Moderne gelingt Dobet und den Musikern um sie herum in fast jedem Song.
Hinzu kommt das außergewöhnliche Organ der Afrikanerin. Man liest darüber, diese Stimme sei warm und kraftvoll, und fühlt sich prompt von einer Worthülse belästigt. Doch: Die wunderhübsche Jungmädchenstimme kann wirklich kratzen, rocken und beißen ("Samahani").
Zieht man dann noch die Berichte von Augenzeugen ihrer Konzerte hinzu, bei denen man meint, die Menschen hätten einer Reunion von Mother Mary & The Holy Ghosts beigewohnt, müssen wir zukünftig ganz Großes von Dobet Gnahoré erwarten.
Erscheinung: 2010 (14.05.)
Label: Contrejour
www.myspace.com/dobetgnahore
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