Bum Kun Cha Youth – Alarm! Hanns-Martin ist verschwunden (Tumbleweed Records)

Bum Kun Cha Youth{jcomments off}Was haben die Vätergeneration, Eva Herman und Thomas Venker gemeinsam? Einiges. Letzterer hat zur Platte der Bum Kun Cha Youth, die auf-Deubel-komm-raus-lustig-provozierend mit „Alarm! Hanns-Martin ist verschwunden" betitelt wurde, eine „Kontextualisierung" geschrieben. Es ist die Kontextualisierung eines linken Bekenners, der sich in formelhaften Beschwörungen um die Aufarbeitung des Deutschen Herbstes bemüht und dabei - Treppenwitz der Geschichte - genau jenem Denken verhaftet ist, das die damaligen Mörder der Vätergeneration vorwarfen.

Auch in der Musik ist das alles nicht besser. Zwar fordert Venker in seiner Kontextualisierung einen differenzierten Dialog über das Geschehen und die Hintergründe von damals, quasi eine detaillierte, vollständige Bestandsaufnahme und Bewertung. Das ist getragen von der Hoffnung, dass die RAFler möglicherweise doch mehr gewesen sein könnten als enthemmte Verbrecher im Macht- und Gewaltrausch. Nur leider ist diese Forderung nicht bei den Mitgliedern der BKCY angekommen. Ein Lied, dessen einzige Zeile darin besteht, sich zur RAF und ihren Zielen zu bekennen, mag zwar so was (aber so was) von provokant sein, aber es verkennt, dass Slogans polyvalent sind. Auf dieser Basis kann nämlich auch jede Nazi-Band von sich behaupten: War nur Ironie? Ist gar nicht so gemeint? Soll nur zum Nachdenken anregen?

Natürlich sind sich Venker und die BKCY dessen bewusst und spielen damit, aber sie sollten auch wissen, dass sich nur wenige tatsächlich diese geistige Arbeit machen. Der Rest konsumiert diesen Slogan wie ein "Geiz-ist-geil-Postulat" - bestenfalls noch, um einen letzten Funken Avantgarde in sein Leben zu pumpen und sich irgendwie eine Identität zu geben, die etwas Pseudo-Rebellenhaftes hat. Oder - um es mit der BKCY zusagen: Prada-Meinhof-Gag. Zum anderen ist ein suggestiver Text dieser Art alles andere als eine differenzierte Darstellung der Geschehen und Hintergründe von damals, sondern eine platte Reduzierung auf eine Losung. Schon klar: Popkultur will (und kann) diese detaillierte Aufklärung nicht leisten, aber dann sollte sie sich auch diesen Salbader in Form eines fröhlichen Edutainment sparen. Bitte, lasst doch Terror endlich wieder Terror sein.

Und so stellen wir fest: Die Bum Kun Cha Youth und auch Thomas Venker sind der Meinung, dass ja nicht alles schlecht war, was die RAF so von sich gegeben und getan hat. Und das glauben viele auch von der NSDAP und dem Führer. So ist das manchmal in der Rückschau. Getrieben von einer ideologischen Sehnsucht verklärt man so Manches. Traurig, dass die vermeintliche popkulturelle Elite von heute auch nicht anders ist als die verachtete Vätergeneration von damals. Ob Christian Klar das durchschaut? Verliererin ist wieder einmal die Aufklärung - ein Wort, das man kaum noch in den Mund zu nehmen wagt.

Wie viel erhellender ist da das Programm von Harald Schmidt am Stuttgarter Schauspielhaus, in dem Adolf und Andreas (Baader) in einem Bett miteinander kuscheln. Die Platte könnt ihr euch schenken, die ist nämlich auch sonst langweilig, geht lieber mal wieder ins Theater oder zum politischen Kabarett - das soll wieder schwer im Kommen sein. Könnte helfen. 

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