Ein tiefer Zug

Die Cigaretten veröffentlichen am kommenden Freitag den zweiten Longplayer mit dem Titel "Emotional eater". Es der lang erwartete Nachfolger dieses Underground-Dings "Vibe ride" von 2019. Und nun stellt sich die Frage, ob "Emotional eater" der Auftakt für eine ganz große Karriere ist oder ob die Insider die Hamburger Kapelle weiter für sich im Underground behalten können.
Dafür gibt es wenig Hoffnung, wenn man "Emotional eater" ganz genau hört. Die Cigaretten vervollkommnen ihren Sound, der alles umfasst, was die Freunde der Pixies, der Smashing Pumpkins und von Rage against the Machine gerne hören. Mit Bass, Gitarre und Schlagzeug erzeugen die Drei unglaubliche Energie und Lautstärke, aber haben auch Zeit für Ruhe wie bei der Akustik-Version von "Schwimmbad".
Gönnen wir uns also einen tiefen Zug von diesen Cigaretten und malen uns aus, wohin die Reise dieser Band geht.

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Respekt für die Couch

Wenn dieser Song von Oxy Music nicht "Kein Sommersong" hieße, müsste man meinen, es sei ein Sommersong. Das Berliner Trio aus Sina Synapse, Vrederber Albrecht und Torsun Burkhardt hat eine kleine Electrosongperle entworfen, die im Gegensatz zur Songatmosphäre die Vorzüge des Zuhausebleibens lobt. Ein erfrischender Gegenentwurf zur allerorten geäußerten Coronaklage des Zuhausebleibenmüssens.
"Kein Sommersong" gipfelt in der sehr lebensklugen Aussage:"Das Gras ist draußen weder grüner noch leichter zu haben," und macht die Frage, ob man auf der Couch bleibt oder nicht absolut überflüssig. Besorgt euch diese kleine Stück guter Laune für die anstehenden Herbstabende.

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Profichillen

Seit mehr als 30 Jahren verschreibt sich George Evelyn mit seinem Projekt Nightmares on Wax der süchtig machenden Mixtur aus Hip Hop und Downtempo Beats. Dem bleibt er sich auch mit seinem neuntem Studioalbum treu. "Shout out! To freedom..." erscheint morgen. Selbstverständlich bei Warp Records, dem Label, dem Nightmares on Wax seit Beginn treu ist.
"Shout out! To freedom..." versammelt wieder Beats und sample-lastige, gedrosselte Funk-, Soul- und Hip-Hop-Loops zu einem Sound, für den der Begriff des Chillens vermutlich erfunden wurde.
Wie viele Altmeister verpasst es Nightmares on Wax aber nicht, sich junge vielversprechende Artists ins Boot zu holen, damit der eigene Sound nicht im großen Retrokleister stecken bleibt. Und so findet sich auf dem neuen Album auch der schöne Track "Wikid satellites", in dem George gemeinsam mit Greentea Peng Babylon niedersingt. Aber auch Oshun und Pip Milett sind mit von der Partie bei diesem sehr hörenswerten Album.

www.nightmaresonwax.com

Schief, aber solide

Wer Littbarskis Beine für einzigartig hält, kennt nicht diesen Typen aus Bochum, gegen den Littis O wie ein Plagiat wirkt. Das können Go Go Gazelle natürlich nicht wissen, schließlich kommt die Band aus Augsburg.
Go Go Gazelles neues Liedchen wurde aber in Berlin eingespielt, was möglicherweise auch der Grund für diesen schönen Indie-Punk-Sound ist. Mehr als Gitarre, Bass und Schlagzeug brauchen Go Go Gazelle dafür nicht. Dazu ein mehrstimmiger Gesang und schon geht's richtig nach vorn. "Schief" ist ein gelungener Beitrag zum Thema Body Positivity und markiert den Vorlauf für das kommende Album der Augsburger. Soll im nächsten Jahr erscheinen.

www.instagram.com/gogogazelleband

Kurz skizziert

Eine einfache Synthiemelodie, dazu fast schon zurückhaltende Beats und etwas Goldener-Zwanziger-Flair: Fertig ist "Misplaced", der neue Song des Pariser Produzenten und Multiinstrumentalisten Crayon. Ein sehr strukturierter Track mit einer gewissen Kühle, in perfekter Harmonie zum Gesang von Jo Loewenthal. Jo ist ein Freund Crayons und gleichzeitig Frontmann der australischen Band Tora. Daher wirkt "Misplaced" wie verwandt mit Toras Output.
"Misplaced" wurde in der in der neuen Wohnung von Crayon mitten in Paris eingespielt, die jeden Sonntag Abend in einen privaten Jazzclub verwandelt wird. Dort kommen ganz verschiedene Sänger.innen, Musiker.innen, Dichter.innen, Maler.innen und zeitgenössische Swing-Tänzer.innen aus der Nachbarschaft zusammen. In den abendlichen Sessions verschwimmen die Grenzen zwischen traditionellen Jazzkategorien, elektronischer Produktion, UK Garage, US-Hip-Hop und Soul, so dass ein vollkommen neuer R&B-Sound zustande kommt. Letztendlich hört man genau das "Misplaced" an. Die Veröffentlichung flankiert Crayons neuen Vertrag beim Label Erased Tapes, wo der Song heute erscheint.

www.soundcloud.com/crayonoff

 

Süß bis dir schlecht ist

Am Ende bin ich mir gar nicht sicher, ob der neue Song von Kelis tatsächlich "Midnight snacks" heißt oder doch eher Midnight sex. Jedenfalls geht es um viel Farbe, Dickmacher und künstliche Füllstoffe im dazugehörigen Video. Das wird manch einer süß finden, anderen wird schlecht dabei.
Und Kelis befeuert die Zweideutigkeit des Songs: "Ich mag die Tatsache, dass man Sex und Essen auf so vielen Ebenen gleichsetzen und sogar komplett gegeneinander austauschen kann." Das Thema ist also gesetzt bei "Midnight snacks". Musikalisch vertraut Kelis auf Fanatix, das Produzentenquartett aus Nicki Minaj, Popcaan, Vybz Kartel und Giggs, das der R'n'B-Queen einen minimalistischen Beat zur Verfügung stellte. Der Track erinnert ein wenig an Kelis' Anfänge, die bereits auf das Jahr 1999 zurückgehen. Als die Dame gemeinsam mit ihren damaligen Produzenten Pharell Williams und Chad Hugo die Branche mit Songs wie "Good stuff" und "Caught out there" ordentlich durchschüttelte.
Mit "Midnight snacks" wird nun das siebte Album von Kelis für das nächste Jahr angekündigt. Sieben Alben in 23 Jahren. Überarbeitet hat sich die Zuckerbäckerin nicht.

www.iamkelis.com