Redaktionspoll 2010

Foto: Katja Helten Das Jahr geht. Die Lieder bleiben. Und wieder nehmen wir sie mit ins kommende Gewesene - für immer. Die Redaktion hat gegrübelt und gelauscht, verworfen und sich berauscht - an dem, was uns 2010 so um die Ohren geflogen ist. Hier ist das, was gelandet ist.

The Strange Death Of Liberal England - Drown Your Heart Again Meine Entdeckung des Jahres: Die Songs rollen wie krachende Wellen an die Küsten Festlandeuropas. Wird noch was.
!!! - Strange Weather,Isn'T It? Back to Funk - aber zeitgemäß.
Cocorosie - Grey Oceans
Ach ja...
Jens Friebe - Abändern
Nicht der gleiche Kracher wie das Vorgängeralbum: Trotzdem eine schöne Pop-Collage, die man sich zuhause an den Plattenteller nageln sollte.
Hot Chip - One Life Stand
Beste Platte 2010.
Arvo Pärt - Symphony No. 4
Frühjahr
n - Gager Sommer
V/A - Michelangelo Antonioni / Trilogy And Epilogue
Spätsommer
Residents - $ General
Herbst
Taeko Onuki & Ryuichi Sakamoto - UTAU
Winter
Pantha du Prince - Black Noise Auch ohne das Geschwurbel über Bergstürze und schwarzem Lärm funktioniert das Album dank fröhlichem Klingklong, dichten Field Recordings und einer meist schlichten Bassdrum ganz wunderbar.
Alien Sex Fiend - Death Trip ASF Alben sind vergleichbar mit einem guten Horrorfilm: Es geht um die Lust an billigem Horror, Trash, Aliens, Zombies und sonstigen Untoten. "Death Trip" ist die Überraschung 2010, ein richtig starkes Album, das nur zufällig und verspätet aus meinen Boxen schepperte. Die klischeebeladene Mischung aus Elektro, Rockabilly, Punk, Goth, Science Fiction und schrägem Humor stimmt wieder. Bestes Album seit "Curse" und das war von 1991.
Pieter Nooten - Here is Why Wer das Ende vom 4AD Hausprojekt This Mortal Coil bedauert, dem sei "Here is Why" empfohlen. Elektronische Kammermusik, minimalistisch, intensiv und von zerbrechlicher Schönheit.
Von Spar - TrOOps (12") Auf ihrem Album "Foreigner" blieb der Krautrock-Einfluss in Von Spars Musik erhalten, aber statt Langzeitbelichtungen wurde das Songformat wiederentdeckt. Die Single "TrOOps" zeigt Von Spar clubtauglich wie lange nicht: Krautrock meets Space-Disco.
Erik Sumo -The Trouble Soup Es gab 2010 auch gute Nachrichten aus Ungarn: Erik Sumo mit "The Trouble Soup". Ein wilder Stilmix, perfekt gespielt und arrangiert, mit verdammt vielen (leider dann doch nur) potentiellen Hits.
Bibi Tanga & The Selenites – Dunya Weltmusik? Ach Gott, vielleicht. Jedoch mit genresprengender Coolness. Das Album oszilliert zwischen Funk, Soul, Swing und Afrobeat in harmonischen Ausschlägen. Kein kalter Kaffee aus dem Drittweltladen, sondern heißer Scheiß aus dem Großstadtclub.
Das Gezeichnete Ich – Das Gezeichnete Ich Großer Gefühlspop begleitet von hochgradig lyrischen Textergüssen. Lässt den Hörer zurück mit Tränen in den Augen und Fragezeichen im Gesicht. Wie das Auditorium bei Bochum Total: „Hallo. Ich bin das Gezeichnete Ich....und ihr auch...“ Großartig!
Bantaba – From the ground up Wenn Dortmunder Twens klingen wollen wie erstklassige Reggae-Kapellen der 1980er aus England, spricht das für die Kraft dieses Genres. Reggae naah dead!
Féloche - La vie cajun In Zeiten, da Mesut Özil zum legitimen Nachfolger von Günter Netzer wird, bleibt ein Franzose, der mit fetter Emphase und virulentem Drive südstaatlicher Musik frönt, etwas Besonderes. Find’ ich.
Belleruche - 270 stories
Für sehr erschwerte Kategorisierbarkeit und wegen „Clockwatching“ .
jefre cantu-ledesma "love is a stream"
killer auf ganzer linie. love is a stream. klar doch. …fantastisch.
the mount fuji doomjazz corporation "doomjazz future corpses"
zentrales beispiel 2010 wie etwas wirklich „heavy" sein kann. und wirklich „dark". ohne diese attribute plakativ vor sich her zu tragen.
colin andrew sheffield "slowly"
musik aus einer verlockenden zwischenwelt. sehr empfohlen.
seconds in formaldehyde "a shiver in red"
ich glaube nicht, dass diese platte irgendeinen fan von seconds in formaldehyde enttäuscht, ich glaube aber, dass er durch diese platte viele neue hinzugewinnen wird.
nadja "autopergamene"
...oder muss man bei nadja dann doch, ehrlicherweise, fragen: wieviel potenzial für perfektion ist da noch in reserve; für die zukunft?