Davon träumen

"Don't know the past, you don't know your future", sang Ziggy Marley einst. Etwas differenzierter drückt sich Obongjayar aus, wenn er sagt, "to know the future, or to fully be aware of your present, you need to analyse and understand your past", meint aber das Gleiche.
Dabei redet Obongjayar über sein kommendes Album, das deutlich näher an Nigeria liegt als an Jamaica. Im Westen Afrikas finden sich nämlich die Wurzeln des inzwischen in London lebenden Künstlers. Der neue Song "Tinko tinko" ist, was man aktuell Afrobeat nennt und damit ganz dicht bei Burna Boy und Wizkid.
Bei Obongjayar hat man allerdings das Gefühl, dass jeder Song ein kleines Kunstwerk ist. Was entsprechend auch in den Clips gewürdigt wird.
Wir haben vor wenigen Wochen bereits behauptet, dass "Some nights I dream of doors" ein Killer-Album werden wird. Die Aussage bleibt gerade auch nach "Tinko tinko" bestehen. Der 13. Mai ist daher ein wenig wie Weihnachten. Die Vorfreude ist riesig.

www.obongjay.ar

In persona

Diese Frau aus Belgien ist bereits urlange im Geschäft, der Output ist jedoch überschaubar. "Persona" ist erst der dritte Longplayer von Selah Sue. Wenn sie's macht, macht sie's halt richtig. Das kommende Album ist der Beweis. 12 überdurchschnittliche Songs der Sparte Pop. An dieser Kategorisierung gibt es nichts zu rütteln, ist doch "Persona" eines der Alben, für die der Begriff Pop erfunden wurde.
Selah Sue bedient sich sicherlich auch anderer Sounds, aber R&B, HipHop, Soul und Jazz wirken doch wie leichtflüchtige Substanzen, die aus diesem Pop-Amalgam langsam entweichen. Da muss man sich einfach nur die Single "Pills" anhören, die aber auch unterstreicht, dass Sues Pop nicht zu der Sorte gehört, die einem in der Schlange an der Käsetheke die Zeit vertreibt. Denn die junge Frau geht auf dem Album recht freizügig mit der Besprechung ihrer psychischen Probleme um.
Sucht ihr also Pop zum Hinhören, bei dem man aber auch mal popmäßig weghören kann, seid ihr bei dem Produkt aus dem Brüsseler Kellerstudio richtig. Falsch liegt allerdings, wer bei Selah Sue an Cowboyhüte und Karohemden denkt. Nachzuprüfen seit heute, denn "Persona" ist jetzt von Because Music veröffentlicht.

www.selahsue.com

 

Erröte wenigstens, Lucinde...

...daß nichts mehr dich erröten macht!, dichtete Lessing vor 250 Jahren. Und wir können froh sein, dass Blush Always ebenfalls nicht mehr errötet, wenn sie vor vielen Menschen Musik macht. Die Frau, die hinter Blush Always steckt, kommt dieser Tage mit einem neuen Video um die Ecke und zeigt erneut, wie ehrliche Musik geht. Ehrlich in Sound und Lyrics ist der Markenkern von Blush Always.
Ungeschminkte Gitarren, die es auch schon einmal im Grunge gab, unprätentiöse Melodien, die dem Pop nahestehen und gewieftes Songwriting kombiniert Katja Seiffert zu geradliniger Musik, die morgen als EP erscheint. "Postpone" ist Bush Always' Debüt mit vier Stücken, die Einblick gewähren und Weiteres erwarten lassen. Überhaupt kein Grund, rot zu werden.

www.instagram.com/blush_always

Der Mittwoch wird schlimm

Wenn das letzte Bier noch nicht schmeckt wie das Letzte, aber im Hinterkopf schon der Wecker klingelt, ist meist sehr spät am Dienstag. Dieses Gefühl oder zumindest ein sehr ähnliches vermittelt beabadoobee mit der neuen Single "Talk".
Beabadoobee sagt, dass es darum geht, "Dinge zu tun, die nicht notwendigerweise gesund oder gut für dich sind". Dazu gehört definitiv das midweek drinking. Die Erkenntnis verpackt die junge Britin in kompromissloser Gitarrenmusik. "Talk" ist ein echter Banger und das erste Stück zu beabadoobees kommenden zweiten Albums "Beatopia". Das erscheint am 15. Juli. Und nichts ist passender, als dass es bei Dirty Hit Records erscheint!

www.beabadoobee.com

Pop unter Palmen

Das ist hemmungsloser Pop, der die Kulisse im Tropenhaus gar nicht braucht, weil er doch ganz allein heiß macht. Neeve ist eine sehr interessante Newcomer-Band, die sich aus Brüdern und Cousins aus Stuttgart zusammen setzt. Was sich provinziell anhört, wird durch Neeves Sound ganz und gar nicht bestätigt.
Die Jungs möchten in Zukunft nicht Stuttgarter Festzelte bespielen, sondern wollen mit ihrer Musik international rüberkommen. Dafür ist die erste Single des kommenden Debütalbums ein ganz guter Beginn. "This got me staying" muss sich nicht hinter rezenten und vergangenen Pop-Ikonen verstecken.
Der Song geht gerade nach vorne, ist ausgefeilt, aber wirkt dennoch schön handgemacht. Freuen wir uns auf das Debüt "Chaos of my mind" im September? Ja. Tun wir.

www.instagram.com/neeve_music

Berliner Szene-Klassik

heidel fotoRalph Heidel hat mit seiner Band Homo Ludens vor zwei Jahren sein Debütalbum veröffentlicht. Und nicht nur wir haben uns gefragt: Was ist das für'n geiler Scheiß? Ambient Jazz, Neo Classic, Jazztronica? Antworten hörte ich seitdem viele, wenige befriedigende.
Heidel ging danach von München nach Berlin, um sich dort in der Szene zu suhlen und auch sein Äußeres anzupassen. Seinen Sound hat er seitdem weiterentwickelt, während er mit anderen Einflüssen spielte, wie beispielsweise in Kooperation mit dem Rapper Tarek von der Berliner Combo K.I.Z. In Berlin lernte er offenbar auch den angesagten Indie- und Popproduzenten Max Rieger kennen. Mit dem hat Ralph nun das Nachfolgealbum "Modern life" konzipiert. Daraus ist jetzt die erste Auskopplung "AVI" verfügbar.
Im Mittelpunkt steht ein altes Klavier aus den 1960ern, das Heidel wieder mit allerlei Loops und Samples verknüpft und dabei nicht sein Kerngeschäft, das Altsaxophon, vergisst.
"Modern life" dürfen wir am 03. Juni wiederum bei Kryptox erwarten. Bis dahin halten wir euch auf dem Laufenden.

www.ralphheidel.com

Foto: Raphael Vogler