Crazy Chris Kramer - Komm mit! (2008 Blow till midnight Records)

Wohin?Wir hatten schon Leserbeschwerden, weil wir nichts über Blues machen. Sehr häufig sogar. Das heißt....eigentlich war es nur ein Kunde, der sich aber oft über unseren Bluesmangel beschwerte. Aber der eine, der sagt, er kennt noch einen, und der sagt, er würde mal unruhr lesen, wenn wir was über Blues machen. Jetzt ist es soweit. PR steht doch für Prostitution, oder?

Zum Glück muss man kein Blueskenner sein, um zu bemerken, dass bei Komm mit! wenig an klassischen Elementen dieser Musiksparte fehlt. Chris Kramer hat ein Heimspiel, sobald er die Bluesharp an den Mund setzt, dabei sind natürlich der Bottleneck, die Dobro und die Whiskystimme. Kramer variert das Bluesschema schon mal in Richtung Bluesrock bis zum Rock oder in die häufig im Fahrwasser des Blues auftauchenden Stilrichtungen Boogie und Mardi Grass. Auch Kramers deutsche Texte stiften keine Verwirrung in Blueskreisen. Es geht um Ärger mit Frauen, Spaß mit Frauen, kühles Bier, kein Bock auf Arbeit, Scheiß Besserverdienende und andere Dinge, die einem den Blues geben oder wieder rausholen.

Das ganze ist sauber produziert und klar arrangiert und wird das interessierte Publikum begeistern. Komm mit! bestätigt Kramers erstaunliche Reputation, Lobeshymnen von arrivierten Kollegen wie Götz Alsmann, Jack Bruce oder Toots Thielemanns kommen nicht von ungefähr. Aber: Die Platte hätte genau so und nicht anders bereits vor 25 Jahren auf den Markt kommen können.

Deshalb frage ich mich, wenn ich Veröffentlichungen wie Komm mit! höre: Gibt es keinen zeitgenössischen Blues? Sind da irgendwo junge Bluesbands oder Bands, die diese Musik integrieren und weiterentwickeln? So vieles kommt in die Wiederaufbereitung und erstrahlt neu. 20-jährige spielen Glam-Rock, Newcomer kloppen sich, um mit James Last auftreten zu dürfen, die Scissor Sisters lassen Disco neu erblühen und auch um den alten Schuhkarton Reggae, der wieder 1a blitzt und blinkt, schart sich neue Gefolgschaft. Ich habe aber noch nie von drum'n'blues, easy bluesin‘, New Blues, Progblues oder Ähnlichem gehört.

Wer also zu Crazy Chris Kramer Komm mit! sagt, dem sollten die vergangenen Tage mit Westernhagen, Stoppok und Klaus Lage keine Pickel verursachen. Er sollte verschüttetes Guinness vom dunklen Holztresen lecken können, ohne an Herpes zu sterben und auf Trends und Moden scheißen. Dann bekommt er vom Crazy Chris aus Dortmund ehrliche Arbeit, sattes Pathos und gerade Musik im unruhr-Popkulturshop.


www.chris-kramer.de